Storytelling

It is time for a little storytelling aus meinem Leben

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Kapitel 1

Ich komme aus einfachem Haus. Meine Eltern haben Tag und Nacht für uns drei Kinder gearbeitet. Wegen der Kleider und Schuhe aus der Börse oder Migros wurde ich öfters in der Schule ausgelacht. Für meine Ängste was denn mal aus mir werden sollte gab es keine Unterstützung. Meine Mutter sagte stehts, dass ich eine Fleissige und Gute sei. Sie wünschte sich für mich einen älteren Mann mit Geschäft, wo ich dann ev. auf dem Büro etwas mithelfen könnte. Ich würde eine gute Ehefrau und Mutter abgeben. Für meinen Traum die Handelsschule im Welschland war kein Geld. So begann ich mit 15 die KV Lehre und zog mit 18 aus aus meinem Elternhaus. Von da an stand ich auf eigenen Beinen. Den älteren Mann wollte ich nicht, ich verliess die Schweiz und ging nach Spanien..

Es war noch dunkel als ich mich an einem frühen Morgen im April auf meinen Weg in mein neues Leben machte. Unbeschreiblich das Gefühl der Freiheit. Mit meinem ersten Auto, einem alten Renault 5, fuhr ich die 900 Km von Zürich an die Costa Brava.
François ein grosser schlacksiger Franzose empfing mich und zeigte mir mein spartanisch eingerichtetes Zimmer. In einer Woche könne ich dann in ein schmuckes Turmstudio in einer spanischen Villa umziehen. Derweil er sprach musterte er mich mit seinen blauen stechenden Augen von oben bis unten. Seine Lippen verzog er zu einem sarkastischen Lächeln. Ich wusste ich würde ihn nicht mögen. Dann verabschiedete sich mein Chef.

Um 10 Uhr stand ich pünktlich wie eine Schweizer Uhr in der Agentur. Klara und Maria zwei Spanierinnen begrüssten mich freundlich. Meine neuen Aufgaben waren abwechslungsreich. Wir organisierten die Ankünfte und Abreisen der Feriengäste vom kommenden Samstag, erstellten Mängelprotokolle für die Hauseigentümer und kümmerten uns um die sonstigen Anliegen unserer Kunden, die vorbei schauten. Ich liebte es in Deutsch, Französisch und Englisch zu kommunizieren. Die Arbeitszeiten 10 bis 13 Uhr und 17 bis 20 Uhr gefielen mir sehr.
In der Mittagspause ging ich zum Strand und überlegte mir was ich denn alles machen könnte um cool zu werden. Mein braves Mädchen Dasein hatte ich satt. Auf dem Weg zurück in die Agentur kaufte ich mir als erstes Zigaretten. Dann öffnete ich die Seitenfenster und das Schiebedach meines alten R5 und versuchte mich so schön und frei zu fühlen, wie ich es mir vorstellte, dass es die jungen Liebespärchen in Cabriolets wohl sein mussten. Das höchste Glück auf Erden bedeutete für mich, einen Freund zu haben und mit ihm in einem Cabriolet auf und davon in die weite Welt zu fahren. Egal wohin. Nur das Abenteuer und wir zwei. Dann übte ich während der ganzen Autofahrt, bei offenem Schiebedach und Fenstern, lässig zu rauchen.

Mein kleines Turmstudio war wirklich schmuck und hatte eine tolle Aussicht auf den Kanal. Ich wohnte jetzt in Venedig von Spanien; ein super Gefühl. Die Hausbesitzer ein deutsches Ehepaar würde ich noch kennenlernen sobald sie in die Ferien kommen. Wunderbar ich war jetzt so quasi eine "Turmprinzessin".
Den ersten Samstag in der Agentur mit rund 400 An-/Abreisen erlebte ich alles andere als eine "Turmprinzessin". Es war sehr chaotisch. Viele Schlüssel zu den Häusern und Wohnungen waren nicht auffindbar, falsch angeschrieben oder sogar vertauscht. Klara und Maria arbeiteten emsig und waren unansprechbar. François unser Chef glänzte mit Abwesenheit. Viele Kunden mit Kindern waren nach der langen Autofahrt übermüdet und wollten nur noch in ihre Ferienunterkunft. Wenn sie dann zurück auf die Agentur kommen mussten, weil der Schlüssel nicht passte, war das Fass voll und der Höhepunkt ihrer schlechten Laune erreicht. Hilflos stand ich da und liess das Gefluche und Geschimpfe über mich ergehen. Ich wusste nicht was ich für sie tun konnte. Wo verdammt noch mal war eigentlich François? Bei ihm wusste man nie wann er kommt und geht, er tat immer überbeschäftigt und gab bei Fragen gestresst und unwirsch Antwort. Er schaffte es zu allem Übel, dass sich Klara und Maria immer bei ihm entschuldigten obschon sie nichts falsch gemacht hatten. Schnell lernte ich mir selber zu helfen und meine Abneigung ihm gegenüber vergrösserte sich zunehmends. Ich spürte, er mochte la petite Suisse, wie er mich nannte, auch nicht.

Wo legt man sich nur hin wenn man vom Winter in der Schweiz noch ganz weiss nach Spanien kommt. Mir war nicht wohl als ich an meinem ersten freien Tag nach einem geeigneten Plätzchen am Sandstrand suchte. Ich versuchte so rasch wie möglich in der Masse unterzugehen. Dann tröstete ich mich mit dem Gedanken, dass wenn ich erst mal braun bin, es sicher einfacher würde. Nach einer Weile getraute ich mich um mich herum zu schauen. Unweit von mir erspähte ich die Windsurfschule. Ich beobachtete das sportliche Treiben, Anfänger Lektionen im Trockenen und aus einem Ghettoblaster ertönte der Song "with or without you" von U2.
Der Wind war stark und die Wellen hoch. Das war der ideale Auftritt für die Surflehrer, welche auf dem Wasser ihr Bestes von sich gaben. Mein Blick blieb an einem braungebrannten Surflehrer mit langen blonden Haaren und blauen Augen hängen. Er strotzte von Freiheit und Abenteuer. Ein Traummann. Ich überlegte mir, dass ich ihm wohl gefallen würde, wenn ich eine coole Windsurferin wäre. Nur davon war ich weit entfernt. Zudem fehlte es mir an Selbstsicherheit dies anzupacken. Und vorallem glaubte ich, dass die Welt nur den Talentierten und Schönen gehört. Trotzdem ging ich so oft ich konnte zum Strand und bewunderte heimlich Jan, ein Deutscher soviel hatte ich inzwischen mitbekommen. Mit jedem Tag wurde ich brauner, aber entgegen meiner Hoffnung, verging meine Scheuheit damit nicht.

Am letzten Tag der Lehre entsorgte ich noch in der Berufsschule alle meine Lehrbücher. Es war ein historischer Tag in meinem Leben, denn ich beschloss nie mehr zur Schule zu gehen. Und obschon die ganze Schulzeit für mich ein Kampf war, bestand ich kurze Zeit später, wider erwarten gut, die Abschlussprüfungen der BMS.
Mit meinem grossen Vorbild, meiner 3 Jahre älteren Freundin Ina plante ich dies am  Wochenende im Dylan's Club Zürich zu feiern. Doch es kam anders. Am Samstag morgen rief sie an und sagte mir, dass ihr Freund ein Buckelpistenfahrer, mit zwei Sportskollegen spontan nach Zürich kämen. Sie fragte ob es ok sei, wenn wir zu fünft in den Ausgang gingen. Natürlich war es ok, hauptsache feiern.
Beide Jungs waren gross und gutaussehend. Einer blond, der andere braun haarig. Ina lächelte verschmitzt als sie mir Petsch und Tom vorstellte. Später verriet sie mir, dass sie sicher war, dass mir einer der beiden gefallen würde. Der Abend war lustig, obwohl eine Prise Trennung in der Luft lag.
Der Blonde gefiel mir besser, aber nach meiner Adresse fragte nur Tom, der braun haarige. Was solls, ich war ja auf dem Sprung in die Freiheit.... nach Spanien.

Nach ein paar Wochen besuchte mich meine Freundin Ina in Spanien. Kurz nach unserem lustigen Abend in Zürich, hatte sie sich von ihrem Freund getrennt. Er sei ein Filou, dann verlor sie kein Wort mehr über ihn. Stattdessen gingen wir jeden Abend in den Beach Club tanzen. Der Türsteher Cipri schien uns zu mögen. Denn die Drinks standen bereits auf der Bartheke, wenn wir reinkamen. Seine Freundin Sofia, eine hübsche Spanierin arbeitete im Beach Restaurant nebenan. Sie versorgte uns jeweils zu später Stunde mit Tapas. Ina und ich tanzten halbe Nächte durch im Girasol und lernten viele Leute kennen. An einem Abend jedoch war sie plötzlich verschwunden. Schliesslich entdeckte ich sie draussen mit einem jungen Mann in intensiver Unterhaltung. Sie stellte mir Nigel einen sympathischen Engländer vor. Er arbeitete als Bademeister in einer grossen Ferienanlage im Nachbarsort. Die beiden hatten nur Augen für einander. Ich ging nach Hause und träumte davon, dass mich Jan im Beach Club ansprechen würde. Ich hatte ihn mit seinem Surfer Team dort schon öfters gesehen. Und soviel ich mitbekommen habe, hatte er auch keine Freundin. Das war schon mal gut.
Ina reiste zwei Wochen später unsterblich verliebt zurück in die Schweiz. Nigel sei ein Volltreffer. Die beiden wollten sich als nächstes in England wiedersehen. Was für eine wunderbare Liebesgeschichte. Ein bisschen beneidete ich meine Freundin schon, aber sie war ja drei Jahre älter und hatte entsprechend immer ein wenig Vorsprung.
Zum Glück dauerte es nicht lange, da reiste meine zweite Freundin Tessa an und ich konnte wieder ins Girasol. Cipri empfing uns freudig und organisierte fleissig Drinks. Es war schon nach Mitternacht als ich nach draussen ging um frische Luft zu schnappen. Da hörte ich eine mir vertraute Frauenstimme lachen. Im halbdunkeln erkannte ich Sofia, Cipris Freundin und Jan eng umschlungen. Mein Herz versetzte mir einen heftigen Schlag, dann lief ich zurück zu Tessa und sagte dass ich nach Hause wolle. Meine Enttäuschung war unendlich gross und die Tränen wollten nicht mehr versiegen. Tessa tat ihr Bestes, alles half nichts. Mein Traummann war verloren und ich würde nie mehr die Chance haben die Freundin eines so coolen Surflehrers zu sein.

Nach etlich durchgeheulten Nächten und  nichts mehr essen, zog Tessa die Notbremse. Sie befand dass wir nun erst recht jeden Abend ins Girasol tanzen gehen müssen. Mir war nicht danach, aber sie liess nicht locker. Es gäbe nur ein Heilmittel gegen Liebeskummer, nämlich eine Sommerromanze. Sie machte es mir vor als wir ein paar Studenten aus Deutschland kennen lernten.Tessa liess sich wahrlich von einem John Travolta aufreissen und düste mit ihm wie Olivia Newton John in Grease auf und davon in die Nacht.
Gerade als ich abschleichen wollte, stellte sich Jürgen, auch aus der Studentengruppe, mir in den Weg und drückte mir einen Drink in die Hand. Wir seien hier in Spanien und die Partys gingen erst später richtig los, erklärte er als würde er hier arbeiten und ich die Touristin wäre. Nett sah er aus und ich beschloss zu bleiben zudem wollte ich endlich cool sein.
Cipri, der auch Liebeskummer hatte, reichte mir, kaum war ein Drink leer, einen neuen. Er genehmigte sich heimlich den einen oder anderen selber. Es war zwar verboten für die Angestellten im Club Alkohol zu trinken, aber wer hielt sich denn hier überhaupt an die Regeln! Und schliesslich musste Cipri irgendwie über seine üble Geschichte hinweg kommen. Jan spannte ihm nicht nur seine Freundin aus, sondern kam, zu allem Übel, jeweils noch mit der schönen Sofia in den Beach Club und knutschte glücklich vor seinen Augen rum. Von meinem grossen Unglück ahnte er ja nichts.
Der Alkohol stieg mir zunehmends in den Kopf und irgendwann tanzte ich zur Filmmusik von Ghost mit Jürgen. Er umschlang mich so fest, als wollte er mich nie mehr loslassen. Mir wars recht, endlich konnte ich mich mal in den starken Armen eines Mannes ausruhen und in Sicherheit wähnen. Es hätte ewig so weitergehen können; ich spürte Jürgen hätte für mich jeden Bären erlegt. Flüchtig überlegte ich, ob ich ihn heiraten sollte. Auf jeden Fall hatte meine Freundin Tessa recht, eine Sommerromanze half tatsächlich gegen Liebeskummer.

Es war Juli und wir steckten mitten in der Hochsaison. Ich wusste der morgige Samstag würde wieder sehr hektisch werden. Kein Girasol aber das war gut so. Jürgen meine Sommerromanze war gestern mit schwerem Herzen abgereist. Seine Studentenfreunde nahmen den Abschied locker. Nach der Freinacht düsten sie, immer noch in Partylaune und mit reichlich Sangria im Blut, zurück nach Deutschland. John Travolta winkte meiner Freundin Tessa zum Abschied lässig zu. Dann ging sie in meine Turmwohnung und fiel in einen 24 Stunden Tiefschlaf.
Um 10 Uhr standen die ersten Kunden schon ungeduldig vor der Eingangstüre der Agentur. Sie waren wohl die ganze Nacht aus der Schweiz durchgefahren. Ihren Gesichtern sah ich an, dass sie möglichst schnell in ihre Ferienunterkünfte wollen. Nur diese waren jeweils erst ab 15 Uhr bezugsbereit. Das stand auch so in den Reiseunterlagen, aber davon wollten die wenigsten etwas wissen. Die Stimmung war wie so oft überhitzt und François unser Chef tauchte auch an diesem Samstag nicht auf. Am Nachmittag bat mich Klara Kunden in ihr Ferienhaus zu begleiten um zu sehen was denn nicht in Ordnung ist. Den Rückweg fuhr ich auf Nebenstrassen um den Touristenströmen auszuweichen. Plötzlich erblickte ich François's Wagen. Ich fuhr langsamer und sah genauer hin. Sein alter Peugeot stand tatsächlich da vor einem kleinen Haus mit hübschen roten Lämpchen namens "Casita Dolores". Jetzt wusste ich wo er vermutlich die ganze Zeit steckte wenn es brenzlig wurde in der Agentur. Und mir wurde klar warum ich ihn wohl nie mochte. Ich beschloss Klara und Maria nichts zu sagen und war froh als die letzten Kunden unser Büro verliessen. Müde fuhr ich nach Hause. Tessa schlief immer noch, oder schon wieder. Ich legte mich ins Bett und dachte kurz an Jürgen, allerdings ohne Herzschmerzen. Er war eine wundervolle Sommerromanze, aber nicht meine grosse Liebe.

Ich schätzte ihn auf ca. 50 Jahre Werner Schuhmann, den grau melierten Villenbesitzer und mein Vermieter aus Deutschland. Er wirkte eitel als er aus seinem Mercedes Cabriolet ausstieg und sich Tessa und mir vorstellte. Seine Frau Sabine hätte leider nicht mitkommen können. Mir schien er war gar nicht so unglücklich darüber. Spontan lud er uns abends in die Captains Bar ein. Nicht meine Lieblingsbar, es war der Treffpunkt der Generation meiner Eltern. Die Frauen trugen weite Hängerchen, die Männer enge Jeans. Mir schien dass die Damen sich mehrheitlich für Leopardenprint Röcke und ihre pinken Lippen begeisterten, während die Männer sich in ihren weissen Jeans und Goldkettchen um den Hals gefielen. Ich war mir sicher dass ich nie im Leben so werden wollte. Werner bot uns das Du an und bestellte fleissig Drinks. Es war Tessa's letzter Abend, diesen hätte ich eigentlich lieber mit ihr im Giralsol bei Cipri verbracht. Den versteckten Blicken von Werner's Landsmänner entnahm ich, dass sie ihn heimlich um uns beneideten. Nach einer gefühlten Ewigkeit gesellten sich zum Glück ein paar Frauen seines Alters zu uns. Sie schnatterten irgendwas von wegen ihre Ehemänner hätten leider nicht nach Spanien mitkommen können. Tessa und ich nutzten die Gunst der Stunde ohne schlechtes Gewissen abzuhauen, Werner war ja jetzt in bester Gesellschaft.
Es war spät und uns war die Lust ins Girasol zu gehen vergangen. Auf keinen Fall wollten wir womöglich noch einmal in eine nicht ganz unproblematische Situation mit Männern kommen, egal welchen Alters.
Wir genehmigten uns eine letzte Sangria im Bett und plauderten die halbe Nacht durch, bevor sie am nächsten Tag zurück in die Schweiz flog. Ich hatte einfach tolle Freundinnen. Wir gingen gemeinsam durch dick und dünn und wenn ein Flirt anstand waren wir grosszügig zueinander. Die goldene Regel funktionierte stillschweigend, nie der Freundin ins Gehege kommen wenn es um einen Mann ging. Umso schöner und lustig war es, wenn wir dann in meinem grossen braunen spanischen Bett über unsere Amourchen plaudern konnten. Es erinnerte mich an meine Kindheit im Internat in Nairobi wo ich mit meiner Freundin halbe Nächte durch quatschte.

François streckte mir ein Luftpost Couvert hin. Er lächelte mich dabei fast freundlich an. Ich hatte keine Ahnung wer mir schrieb, wollte aber den Brief nicht vor meinem Chef öffnen. Wieso stand er eigentlich da und starrte mich an, als würde ich ihm diesen vorlesen. Schnell steckte ich den Umschlag in meine Handtasche und konnte die Mittagspause kaum erwarten.
Tom schrieb aus Australien. Wow wie konnte er mich nur ausfindig machen. Da musste Ina ihre Hände im Spiel gehabt haben. Ich erinnerte mich dass er in Zürich immer meine Nähe suchte, derweil es mir lieber gewesen wäre, Petsch der blonde hätte das getan.
Trotzdem bekam ich Herzklopfen. Tom schrieb dass er Ende November wieder zurück in die Schweiz käme und über den Winter Buckelpistenrennen bestreiten wolle. Zwischendurch gedenke er als Skilehrer zu arbeiten und gerne würde er mich wiedersehen. Mir kam Jan in den Sinn und ob es eine gute Idee wäre, neu einen Skilehrer anstatt einen Surflehrer in mein Herz zu lassen. Ich las den Brief zig Mal durch, kam aber zu keinem Schluss. Nur das musste ich zum jetzgen Zeitpunkt auch nicht, denn bis November hatte ich ja noch 2 Monate Zeit und zurückschreiben konnte ich sowieso nicht.
In der Agentur war es endlich ein paar Tage weniger hektisch. Werner mein Vermieter fragte mich, ob ich an meinem freien Tag mit ihm in seiner schicken Motoryacht nach Cadaques fahren wollte. Ich könne gerne auch Wasserski fahren. Das hörte sich gut an, etwas Neues und etwas was mich cooler machen würde. Ich sagte zu.

Seine doppelstöckige Yacht lag direkt im Kanal vor der Villa. Wunderbar, eine so exklusive Einladung bekam ich noch nie.
Werner war schon früh morgens geschäftig. Von meiner Terrasse konnte ich sehen, wie er einen Champagner ins Boot trug und kühl stellte. Herje hoffentlich kam er nicht auf schlechte Ideen. Das hatte ich nicht bedacht als ich für diesen Daytrip zusagte.
Nach dem Losleinen stand ich aufgeregt neben Werner und schaute ihm zu wie er geschickt die Yacht durch die Kanäle manövrierte. Ich kam mir ein wenig vor wie ein Filmstar und ich genoss den einen oder anderen Blick von den Leuten an Land. Vor meinem geistigen Auge hatte ich ein schönes Schwarzweiss Foto von Romy Schneider und Alain Delon. So verliebt und glücklich wollte ich auch mal werden. Auf dem offnenen Meer hielt Werner an und zeigte mir wie man das Luxusschiff steuerte und Gas gab. Dann machte er sich bereit zum Wasserskifahren. Ich gab Schub und siehe da Werner stand auf und surfte über die Wellen. Er zeigte mir sein Können, während ich viel mehr Spass an den PS hatte, als an seiner eleganten Vorführung. Vonwegen elegant, das war wohl eher etwas für seinen Jahrgang, aber ich glaube er dachte wir seien gleich alt. Dann war ich dran. Es war gar nicht so einfach aus dem Wasser zu kommen, ich machte es auch das erste Mal. Werner war trotzdem begeistert und rief mir immer wieder zu, "das schaffst Du kleine Maus". Tatsächlich schaffte ich es, aber ich war froh als ich wieder auf das Schiff konnte. Ich fragte mich, warum ich eigentlich immer die Kleine oder la Petite bei den Männern war, obschon ich 174cm gross bin. Werner empfing mich mit einem Glas Champagner und legte mir ein flauschiges Badetuch um die Schultern. Jetzt ahnte ich dass er ev. noch anderes vor hatte mit der kleinen nassen 18jährigen Maus.

Meine letzten zwei Wochen in Spanien brachen an. Der Vertrag mit der Agentur lief aus und ich wollte wieder zurück nach Zürich. In einer meiner Siestas lag ich am Strand, wie immer nahe der Windsurfschule, und Tag träumte vor mich hin. Aus dem Nichts setzte sich Jan zu mir in den Sand und fragte mich, wie lange ich noch hier bleiben würde. Ein Adrenalinstoss jagte durch meinen Körper. Er kannte mich also. Und ich dachte den ganzen Sommer lang, ich wäre durchsichtig für ihn. Er lächelte mich für meinen Geschmack, etwas zu direkt an. Im Sekundentakt schossen mir die vielen Kussszenen aus dem Girasol durch den Kopf, wo er pietätlos mit Sofia und danach mit etlichen jungen Touristinnen vor Cipris und meinen Augen rumknutschte. Mein Puls beruhigte sich so schnell wie er in die höhe schnellte. Aus dem Bauch heraus stellte ich ihm die Gegenfrage und wo er hin ginge über den Winter. Das schien ihm zu gefallen und er erzählte langfädig was er alles vor hatte. Er wirkte selbstverliebt als er mir seine Pläne vortrug und meine Antwort auf seine anfängliche Frage interessierte ihn schon gar nicht. Ich hängte beim zweiten Satz ab, denn ich mochte seinen Wichtigtuereien nicht zuhören. Jetzt erst merkte ich, dass er kein Traummann für mich war. Derweil er redete stand ich einfach auf und ging zu meinem Auto. Dort zündete ich mir cool eine Zigarette an und fuhr in meine Turmwohnung. Das mit dem Rauchen bei offenem Schiebedach und offenen Seitenfenster hatte ich diesen Sommer gelernt. Und meiner inneren Ruhe nach, auch etwas in Sachen Traummänner. 

Meinen letzten Abend wollte ich alleine auf auf meinem Lieblingplätzchen auf der Terrasse meines Turmes verbringen. Zum Glück war Werner abgereist. An dem Abend als wir von unserem Yacht Ausflug aus Cadaques zurück kamen, lud er mich noch auf einen Kaffee zu sich in die Villa ein. Grosszügig überreichte er mir dort den Schlüssel zu seinem Haus, falls es mir oben im Turm mal zu eng würde, oder wenn ich sonst was bräuchte. Er sei auf jeden Fall immer gerne für mich da. Ich glaube er meinte eher, falls ich ihn, einen echten Mann mit Villa und Yacht, mal bräuchte. Er fixierte mich mit seinen Augen ehe er mich kraftvoll an seine Brust zog und küssen wollte. Ich drehte reflexartig mein Gesicht ab und es kam nur zu einem kurzen peinlichen Drücken. Danach war er, glaube ich, sauer und der Abend endete abrupt. Mit dem Schlüssel in der Hand flüchtete ich zurück in meinen Turm. Ich nahm immer zwei Stufen auf ein Mal, ich wollte nur noch weg. Werner den Schlüssel zurückgeben hatte ich mich nicht mehr getraut, das wäre wohl zu schwierig geworden. Ich legte mich mit den Kleidern ins Bett, was mir ein Gefühl von Sicherheit gab. Bevor ich einschlief, kam mir meine Mutter in den Sinn, die sich immer einen älteren, väterlichen Mann für mich wünschte und was sie wohl daran so gut fand. Vielleicht war es etwas, das sie selber wollte, schliesslich hatte sie keine einfache Kindheit als Kriegshalbwaisenkind in Österreich. Jetzt erst verstand ich, mir sollte es besser gehen im Leben. Sie meinte es nur gut, das war eine sehr versöhnliche Erkenntnis.
Nun war es Ende Oktober, Saisonende, die Koffer waren gepackt und ich genoss den letzten Abend. Es war eine laue spanische Sternennacht. Wehmut überkam mich. Vielleicht hätte ich doch noch ins Girasol gehen sollen. Da kam Cipri die steile Aussentreppe zum Turm hoch. Was für eine Überraschung, denn von ihm hatte ich mich schon verabschiedet. Ich fiel ihm um den Hals und wir verbrachten einen wunderschönen letzten Abend. Wir wurden zu Verbündeten, als sich damals die Ereignisse im Girasol mit Jan und Sofia überschlugen. Cipri war mir ein echter Freund. Das machte mich glücklich und mit seinem Besuch, erleichterte er mir den Abschied. Frühmorgens fuhr ich erfüllt von all meinen Sommer Erlebnissen zurück in die Schweiz. Das Gute überwog, dessen war ich mir sicher. Zum Thema Männer würde ich mir aber noch ein paar Gedanken machen. Vogelfrei verliess ich auf jeden Fall Spanien, nur die Zigaretten blieben dort.